Im Passauer Klinikum wurden am Dienstag, 2. Mai, medizinische und theologisch-ethische Aspekte der Pränataldiagnostik erörtert. Ein klares "Ja zum Leben" sprachen Arzt, Theologe, Juristin und Caritas-Fachberater. "Sich konsequent für das Leben einzusetzen, weil der Mensch von Anfang an als Geschöpf Gottes eine unverfügbare Würde in sich birgt", appellierten sie. Die medizinischen Möglichkeiten dürfen nicht zu Vorbehalten oder Selektion führen. Domdekan Dr. Hans Bauernfeind und der evangelische Pfarrer Stephan Schmoll unterstrichen beim ökumenischen Gottesdienst, dass ein erfülltes Leben von Gott her zu verantwortungsvollem Handeln führen müsse, auch in der Forschung. Die Kirchen sehen sich als Anwalt der Unverfügbarkeit menschlichen Lebens. Domdekan Bauernfeind: "Wenn Gott Leben gibt, ist es auch höchstes Gut und steht unter seinem Schutz".
Mütter, Eltern, Ärzte stehen heute vielfach in einem Spannungsfeld, wenn nicht unter Druck. Für Menschen mit einem unerfüllten Kinderwunsch eröffnen sich angesichts medizinischer und technischer Möglichkeiten neue Perspektiven. Das Machbare wird auch versucht. Die Nöte der Betroffenen sind genau so groß, wenn während der Schwangerschaft Auffälligkeiten diagnostiziert werden. Persönliche, ethische und medizinische Fragen stellen sich. Denn die Gesellschaft tut sich nach wie vor schwer, Behinderungen zu akzeptieren. Beim Podiumsgespräch, moderiert hat es Sabine Aschenbrenner von der Diakonie, kamen die Fachleute zur Sprache.
Sabine Aschenbrenner (li.) moderierte das Gespräch von Miriam Biber, Dr. Martin Schneider, Diakon Dr. Christoph Kochmann, Irene Kriegl und Gerhard Krinninger.Caritas
Das Kind annehmen, wie es nun einmal ist
Miriam Biber, Justiziarin beim Caritasverband für die Diözese Passau e.V., spannte den Bogen von ihren Erfahrungen als Mutter mit Pränataldiagnostik zu den möglichen Folgen mit einem behinderten Kind leben zu müssen und wundervoll leben zu können. Allerdings vermittle die Gesellschaft ein Gefühl, das geradezu zu einem Schwangerschaftsabbruch dränge. Es sei eben nicht selbstverständlich ein Kind so anzunehmen "wie es nun einmal ist". Umso nötiger seien starke Anwälte des Lebens, wie die Kirchen. In der Gesellschaft müsse Inklusion selbstverständlich werden.
Den neuen Erdenbürger willkommen heißen
Dr. Martin Schneider, Leiter der Pränataldiagnostik (PND) am Klinikum Passau, sprach sich dafür aus, die Diagnose eng mit medizinisch-psychologischer Beratung zu verknüpfen. "Am Ende einer auffälligen Pränataldiagnostik steht nicht immer zwangsläufig der Schwangerschaftsabbruch, sondern die Chance, den neuen Erdenbürger gut vorbereitet willkommen zu heißen". Es gehe schließlich um den Erhalt des Lebens. Generell sei zu fragen was "Gesund" oder "Normal" wirklich bedeute, illustrierte er am Down-Syndrom. Es gebe "den Zufall des Lebens". Nicht um jeden Preis müsse alles medizinisch Mögliche gemacht werden. Manchmal sei einfach dem Lauf der Natur zu folgen; entsprechend beraten und begleitet.
Ein Geschenk des Lebens, weil Gott es schenkt
Für Diakon Dr. Christoph Kochmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Theologische Ethik der Universität Passau, bietet die Medizin Wissen und Möglichkeiten an, die an ethischen Grundsätzen zu messen seien. Vorbehalte gegenüber dem werdenden Leben, eine "Schwangerschaft auf Probe" oder Selektion verstoßen aus christlicher Sicht gegen die Würde des Lebens. Christliche Ethik biete den klaren "Wegweiser in Richtung Leben". Sie verstehe den Menschen als "gewolltes und geliebtes Kind Gottes", entstand aus der tiefen Liebe der Eltern und als "Geschenk des Lebens vom sich immer neu verschenkenden Gott".
Breitgefächertes Beratungs- und Hilfsangebot der Caritas
Irene Kriegl, die Leiterin der Caritas-Schwangerschaftsberatungsstelle, und Gerhard Krinninger, Leiter des Caritas-Frühförderungsdienstes, zeigten das breitgefächerte Beratungs- und Hilfsangebot. Die Kooperation helfe in allen Fragen vor und während einer Schwangerschaft, bis zum dritten Lebensjahr eines Kindes; auch wenn es um einen Kinderwunsch geht, um Sexualität und Familienplanung. Dazu kommen Angebote wie Gesundheitsfürsorge, Familienentlastung, inklusive Bildung und Hilfe in existentiellen Notlagen. Gerhard Krinninger schloss mit dem Hinweis, dass der Begriff Behinderung überdacht werden müsse. Nur ein Wandel im Bewusstsein der Gesellschaft führe letztlich zur Inklusion, dem selbstverständlichen Miteinander der Menschen. Damit schloss sich auch der Kreis beim Podiumsgespräch. Denn Miriam Biber hatte genau diesen Bewusstseinswandel gefordert. Das "Ja zum Leben" der evangelischen und katholischen Kirche leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
Jugendliche mit Handicap stellen Bilder in der Kinderklinik aus
Wie bunt das Leben und wie einzigartig die Talente der Menschen sein können, kann man in den kommenden Wochen im Foyer der Kinderklinik Dritter Orden bestaunen. "Lebenswertes (un-)perfektes Leben" nennen junge Leute mit Körperbehinderung die Ausstellung ihrer Bilder. Gabriele Waldbauer, die stellvertretende Leiterin der Caritas-Don-Bosco-Schule Passau, erläuterte die Kunstwerke des "Birdman-Projektes", die unter anderem Freude, Hoffnung, Glück und den Zauber des Lebens zeigen. Mit dem Künstler Hans Langner entstanden ausdrucksstarke Szenen mit Spatzen; auch als Erinnerung an den Satz des heiligen Don-Bosco, "Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen". Zwei Lithographien aus dem Projekt werden demnächst in einer Londoner Galerie ausgestellt.
Informationen zur Aktionswoche unter: www.woche-fuer-das-leben.de