Die religiöse Vielfalt in der Gesellschaft nimmt zu. Interreligiöse Fragen werden in katholischen Kindertageseinrichtungen und im Zusammentreffen mit Migrant/-innen zunehmend wichtig. Das erleben Erzieherinnen und Erzieher als auch die in Asylkreisen ehrenamtlich Tätigen. Deshalb haben der Diözesan-Caritasverband und das Bistum Passau in einer Online-Veranstaltung die "Herausforderung islamische Erziehung in christlicher Gesellschaft" bearbeitet.
Ayşe Coşkun-Şahin von der Islamberatung Bayern referierte über den Zusammenhang von Familie, Erziehung und Werten. Die ausgebildete Erzieherin und Absolventin des Master-Studiengangs "Religionen, Dialog und Bildung" ließ die Anwesenden eingangs schätzen, wie viele Menschen muslimischen Glaubens es in Deutschland gäbe. Einmal mehr bestätigte sich ihre Erfahrung, dass die Zahl von den meisten Menschen bei Weitem überschätzt werde: nur 6 % der in Deutschland lebenden Menschen seien Muslime, davon hätten 97 % einen deutschen Pass. Subjektiv würde nicht nur die Zahl, sondern auch der Einfluss der Muslime auf die Gesellschaft überschätzt.
Im Vortrag bekamen die überwiegend christlich geprägten Teilnehmenden Einblicke in den Erziehungsalltag muslimischer Familien. Die Eltern möchten einerseits religiös und kulturell geprägte Vorstellungen - wie z.B. eine sehr enge Eltern-Kind-Bindung - bewahren, weil diese auch Sicherheit und Vertrautheit in einer noch fremden Umgebung verschaffe. Gleichzeitig wünschten sie sich, "dass die Kinder gut integriert in der deutschen Gesellschaft aufwachsen, nicht zuletzt um damit auch alle Bildungschancen nutzen zu können", fasste die Referentin die Situation zusammen.
"Wenn sich Kinder von den Werten der Herkunftsfamilie entfernen und durch ihr bikulturelles Aufwachsen eigene Standards bilden, muss die Familie diese Balance zwischen Bewahren und Teilhabe neu aushandeln". Damit würden die Kinder aber zu einer Ressource für die Gesellschaft, "weil sie Insiderwissen aus zwei Kulturen haben und damit die Vorzüge und Lücken beider kennen". Aus dem negativ behafteten Ausdruck "Menschen mit Migrationshintergrund" würden damit positiv formuliert "Menschen mit kulturellen Zusatzqualifikationen".
Diese positive Sicht prägte den Austausch der 18 Teilnehmenden über die eigenen interreligiösen Erfahrungen in Beruf und Privatleben. Andrea Stadler, Leiterin des Caritas-Kinderhauses St. Franziskus in Passau, schilderte wie sie im katholisch geprägten Kita-Alltag zum Wohle der Kinder alle andersgläubigen Eltern mit einbindet, ohne den eigenen religiösen Bildungsauftrag zu vernachlässigen. "Wir begehen die Jahreskreisfeste zwar immer mit einem Gottesdienst, danach gibt es aber immer auch einen Teil der Feste außerhalb der Kirche. Damit können auch Kinder aus nicht-christlichen Familien zum Beispiel die Legende des Heiligen Martin als Spiel miterleben und die meisten nehmen das gerne an", beschrieb die Kita-Leiterin das Aufeinanderzugehen. Wichtig sei es, schon beim Aufnahmegespräch deutlich zu kommunizieren, "was es heißt, das Kind in eine katholische Kita zu geben". Mit Offenheit und Klarheit könnten viele Missverständnisse schon im Entstehen bereinigt werden. Einig waren sich die virtuellen Teilnehmer/-innen, sich über das Thema regelmäßig auszutauschen.
Interessierte können gerne Kontakt zu den drei Organisatorinnen der Veranstaltung aufnehmen: beim Diözesan-Caritasverband Beate Heindl, Integrationslotsin Passauer Land (0851/5018-963), und Christina Resch, Fachberatung für Kindertageseinrichtungen (0851/392-741), beim Bistum Passau Doris Zauner, Referat für Weltanschauungsfragen (0851/393-5250).
Autorin: Beate Heindl