Der Gottesdienst zum Caritassonntag und zum Auftakt der Woche der Katholischen Flüchtlingshilfe wurde mitgestaltet (v.l.n.r.):
Pfarrer Richard Simon, PV Winzer (Ukrainehilfe); Domkapitular Dr. Anton Spreitzer; Katharina Muszynski, Leiterin der Flüchtlings- und Integrationsberatung, DiCV; Agnes Stefenelli, Fachbereichsleiterin Gemeindecaritas, DiCV; Sabine Weiss, Fachbereichsleiterin Besondere Lebenslagen, DiCV; Andreas Trpak, Integrationslotse, DiCV; Diakon Günther Jäger, PV Feichten (Geflüchtetenhilfe auf der Insel Lesbos); Franz Böhmisch, Sachausschuss Asyl, Migration und Integration, Diözesanrat und Pfarrpraktikant, Konrad Mader, PV WinzerCaritas Passau
Mit einem feierlichen Gottesdienst im Passauer Dom wurde am 28. September der Caritassonntag begangen - zugleich Auftakt der Woche der Katholischen Flüchtlingshilfe. Zahlreiche Vertreter:innen aus Kirche und Caritas gestalteten die Feier mit. Die Predigt hielt Diakon Günther Jäger. Eindrücklich schilderte er seine persönlichen Erfahrungen aus dem Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos - Begegnungen, die das Leid der Menschen ebenso sichtbar machen wie ihre ungebrochene Hoffnung.
Ein besonderer Moment war das Schlussgebet: Gemeinsam zog die Gemeinde durch die Caritas-Pforte - ein starkes Symbol im Sinne der Jahreskampagne "Caritas öffnet Türen" - in den Dominnenhof. Dort wurde am Flüchtlingszelt ein Gebet von Papst Franziskus gesprochen, dass er 2016 bei einer Begegnung mit Geflüchteten auf Lesbos verfasst hatte.
Im Anschluss lud der Sachausschuss Asyl, Migration und Integration des Diözesanrates zu Begegnung und Austausch ein. Bei Getränken und Kuchen kamen Helferkreise aus dem gesamten Bistum mit Engagierten ins Gespräch. Musikalisch umrahmt wurde das Beisammensein von einem ukrainischen Chor aus Burghausen, der mit bewegenden Volksliedern für eine besondere Atmosphäre sorgte.
Der Gottesdienst zum Caritassonntag hat eindrücklich gezeigt, dass "Caritas Türen öffnet" - besonders für Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. Doch gelebte Solidarität endet nicht an der Kirchentür: Sie setzt sich im Alltag fort, dort, wo Teilhabe konkret wird. Ein Schlüssel dazu ist die berufliche Integration. Hier eröffnet die Caritas Passau gemeinsam mit engagierten Arbeitgebern Chancen und Perspektiven.
Beispiel für gelungene Integration
Bei der Biobäckerei Wagner in Tiefenbach ist berufliche Integration seit Jahrzehnten selbstverständlich.Biobäckerei Wagner
Die Biobäckerei Wagner in Tiefenbach, die seit Jahrzehnten Vielfalt in ihrem Team lebt zeigt, wie Integration im Arbeitsalltag gelingt.
Berufliche Integration ist weit mehr als nur ein Arbeitsplatz - sie bedeutet Teilhabe, Perspektive und die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Gerade für Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund ist sie ein zentraler Schritt auf dem Weg in eine neue Zukunft. Die Caritas Passau setzt sich in diesem Bereich mit ihrer Flüchtlings- und Integrationsberatung aktiv ein - und freut sich über Arbeitgeber, die Verantwortung übernehmen und konkrete Chancen bieten. Einer dieser engagierten Betriebe ist die Biobäckerei Wagner in Tiefenbach.
Hier zeigt sich, wie berufliche Integration seit Jahrzehnten ganz selbstverständlich gelebt wird. Menschen aus rund 18 Nationen arbeiten Seite an Seite - mit Teamgeist, Respekt und Neugier füreinander. Für Ferdinand Wagner, einer der drei Geschäftsführer des traditionsreichen Familienunternehmens, ist Vielfalt längst kein Projekt mehr - sondern gelebter Alltag.
Aktuelles Interview: "Das Interesse ist entscheidend"
Die Biobäckerei Wagner beschäftigt seit Jahrzehnten Menschen mit Migrationsgeschichte - lange bevor das Thema "berufliche Integration" auf der politischen Agenda stand. "Die ersten Geflüchteten bei uns hießen Hannal und Kathal in den 60er Jahren aus Böhmen", erinnert sich Wagner. Seitdem habe sich zwar vieles verändert, das Grundprinzip der Integration sei aber gleichgeblieben: "Wenn jemand Interesse zeigt, bringen wir ihm alles bei. Egal, woher er kommt."
Für Wagner zählt nicht der perfekte Lebenslauf, sondern die Bereitschaft zu lernen. Bewerbungen werden sorgfältig gelesen, Probearbeitstage organisiert - und dann entschieden. "Man merkt sehr schnell, ob jemand motiviert ist", so der Geschäftsführer. Auch deshalb hat das Unternehmen an verschiedenen Programmen teilgenommen, etwa an "MobiPro-EU", durch das junge Menschen aus Spanien und Bulgarien nach Passau kamen. Einige von ihnen absolvierten hier erfolgreich ihre Ausbildung - einer ist bis heute im Betrieb tätig.
Zwischen Sprachbarrieren und kulturellen Missverständnissen
Natürlich verläuft nicht jede Integration reibungslos. Sprachliche Barrieren gehören zum Alltag, gerade im Verkauf oder Kundenkontakt. Kulturelle Unterschiede - etwa beim Umgang mit weiblichen Führungskräften oder religiösen Praktiken wie Ramadan - erfordern Fingerspitzengefühl. "Da gab es schon Situationen, in denen Mitarbeitende überfordert waren, wenn jemand mitten im Kundengeschäft beten wollte", erzählt Wagner offen. Deshalb setzt der Betrieb auch auf Sensibilisierung: Schulungen zu kulturellen Unterschieden wurden speziell für Führungskräfte organisiert.
Bürokratie als Integrationsbremse
Eine der größten Herausforderungen sieht Wagner jedoch außerhalb des Betriebs: in der Bürokratie. Unklare oder verzögerte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse erschweren die langfristige Planung - für Arbeitgeber wie Beschäftigte. Besonders frustrierend sei es, wenn motivierte Mitarbeitende plötzlich abgeschoben werden, obwohl sie fest im Betrieb integriert sind. "Da versteht man manchmal die Welt nicht mehr", sagt Wagner. Trotzdem gibt das Unternehmen nicht auf - und kämpft im Alltag oft auch mit persönlichen Gesprächen um Lösungen.
Mehr als Arbeitskräfte: Menschen mit Geschichten
Trotz aller Hürden überwiegen für Wagner die positiven Erfahrungen. Viele Mitarbeitende bringen neue Perspektiven, Herzlichkeit und eigene Ideen ein. Die afghanische "Bulani"-Pizza zum Beispiel - eine Eigenkreation eines Mitarbeiters - verkauft sich bestens. Oder der Kollege aus Eritrea, mit dem Wagner regelmäßig zum Sport ging. "Diese persönlichen Begegnungen machen das Ganze so wertvoll", sagt er.
Der Familienbetrieb lebt Integration auf allen Ebenen: In der Backstube, im Verkauf, im Büro. Mehr als 60 Prozent der Mitarbeitenden haben einen Migrationshintergrund. Einige - wie ein ehemaliger Lehrling aus Rumänien - sind mittlerweile selbst Filialleiter. Persönliche Unterstützung bei Behördengängen oder Wohnungssuche gehört für Wagner zum Selbstverständnis. "Niemand soll sich bei uns allein gelassen fühlen."
"Man muss den Menschen sehen"
Für andere Unternehmen hat Wagner eine klare Botschaft: "Einfach mal ausprobieren und nicht zu schnell urteilen. Es kommt auf den Menschen an, nicht auf Herkunft oder Sprache." In Zeiten von Fachkräftemangel sei Offenheit keine Option mehr, sondern Notwendigkeit. "Ohne unsere Mitarbeitenden mit Migrationshintergrund könnten wir längst zusperren."
Was bei der Biobäckerei Wagner gelingt, zeigt: Berufliche Integration ist keine Einbahnstraße, sondern ein gegenseitiger Lernprozess. Mit Geduld, Offenheit und einem respektvollen Miteinander entstehen nicht nur gute Produkte - sondern auch Zukunftsperspektiven für Menschen, die in Deutschland eine neue Heimat suchen.
Text: Katharina Muszynski