Die Kirche steht vor vielen Herausforderungen, sie selbst muss sich wandeln, das ist in den letzten Wochen sehr deutlich geworden. Dabei geht nicht nur die Katholikenzahl zurück, auch das pastorale Personal wird sich in den kommenden Jahren deutlich reduzieren. Und dann gibt es noch die Gruppe der Katholiken, die zwar noch im System bleiben, in den Pfarreien aber nicht mehr in Erscheinung treten. Was bleibt ist die Frage, wie gelebte Kirche zukünftig überhaupt noch gelingen kann.
Der emeritierte Weihbischof und ehemalige Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn, Manfred Grothe, gab eine mögliche Antwort auf diese Frage, indem er feststellte: "Die Caritas wird die entscheidende Brücke sein, über die Menschen zur Kirche finden und über die die Kirche zu den Menschen findet." Dabei meint Caritas mehr als den großen katholischen Wohlfahrtsverband, mit seinen spezialisierten und hoch professionell arbeitenden Einrichtungen und Beratungsdiensten. In ihrem Wortsinn heißt Caritas Nächstenliebe. So verstanden ist die Caritas ein Wesenszug unserer christlichen Religion, ein Grundvollzug unserer Kirche und ein ganz persönlicher Auftrag an jeden Christen.
Caritas heißt: Was am Sonntag gepredigt wird, muss auch am Montag spürbar sein. Und Caritas geschieht tatsächlich im alltäglichen Miteinander: in Familien, unter Nachbarn, für Passanten, für Flüchtlinge, in den Gemeinden und in den Pfarreien. Die Übersetzer der biblischen Botschaft in den Alltag und in die verschiedenen Lebenswelten hinein, das sind die Menschen der Pfarreien. Sie sind es, die als Kirche mitten in der Welt und auch an den Rändern unterwegs sind, wie Papst Franziskus es fordert. Im sozialen Engagement der Christinnen und Christen wird die biblische Botschaft tagtäglich konkret erlebbar.
Im Idealfall sind die Pfarreien Orte, wo Menschen sich sozial engagieren können, z.B. über die Mitarbeit im Caritas-Ausschuss des Pfarrgemeinderates, im Besuchsdienst, in der Trauerbegleitung, in der Arbeit mit Flüchtlingen oder mit anderen Gruppen, die gesellschaftlich nur schwer mithalten können. Dann geschieht aktive Nächstenliebe nicht nur als Privatsache, sondern organisiert und als sichtbares Zeichen einer solidarischen Pfarrgemeinde.
Ein hervorragendes Beispiel für Caritasarbeit vor Ort geben die über 90 Pfarr- und Ortscaritasvereine unseres Bistums. Sie leisten unbürokratisch Hilfe zur Selbsthilfe, damit Menschen ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen können, durch finanzielle Unterstützung, durch Gespräche, durch praktische Beratungen und durch Weitervermittlung an professionelle Beratungsdienste und Einrichtungen. Die Ehrenamtlichen der Caritas sind auch dann da, wenn Beratungsdienste, Jobcenter oder Pfarrbüros geschlossen sind, am Abend, am Wochenende, an den Feiertagen, … Die Ehrenamtlichen leben selbst vor Ort, sie kennen den Sozialraum und sind in der Regel gut vernetzt. Sie sammeln Geld und geben es an Menschen in akuten Notlagen weiter, befüllen Kühlschränke für das Wochenende, bezahlen Stromrechnungen und kaputte Haushaltsgeräte, ermöglichen die Teilnahme an Schwimmbadbesuchen und Schulfahrten, organisieren Wohnraum und Umzüge und ermöglichen die Fahrt zu einem Beratungsgespräch. Die Ehrenamtlichen der Caritas erheben die Stimme für die Schwachen, bei Ämtern und Behörden, gegenüber dem Caritasverband und in der Politik. Durch Berichte, Caritasgottesdienste, Caritassammlungen und weitere Aktionen agieren sie als Meinungsbildner mit dem Ziel, die Gesellschaft zu solidarischem Handeln zu motivieren.
Die Menschen der Caritas schauen hin, gehen hin und hören zu. Und dabei sind es oft nicht die gepflegten, wohlriechenden und glücklichen Menschen, die ihnen da begegnen. Genau deshalb kommen Ehrenamtliche auch an ihre Grenzen. Sie sind nicht die ausgebildeten Sozialarbeiter. Und sie investieren ihre Freizeit, verzichten dadurch auf eigene Ruhezeiten und Erholungsaktivitäten.
Die sozial Engagierten in den Pfarreien - ob organisiert als Caritasverein, als Caritasausschuss des Pfarrgemeinderates oder einfach als Privatperson - sind vorbildliche Alltagschristen. Sie sind der größte Schatz der Kirche und verursachen dabei nicht einmal Kosten. Genau dorthin müssen wir als Kirche aber auch investieren, in die Menschen, in ihre Fähigkeiten und in ihren Handlungswillen. Denn jede und jeder ist zur Nächstenliebe und damit zur Caritas berufen. Und die Erfahrung zeigt: Menschen lassen sich gerne berufen. Dies umso lieber, wenn sie in ihrem Ehrenamt ernst genommen und wertgeschätzt werden, Unterstützung und persönliche Begleitung durch die Hauptamtlichen erfahren.
Damit dieser kirchliche Grunddienst eine Zukunft hat, braucht es auf allen Ebenen der Kirche - in den Pfarreien, in den pastoralen Räumen und im Bistum - Strukturen, die den Menschen, ihren Bedürfnissen und ihrer Bereitschaft zum Engagement wirklich dienen. Denn wenn es uns auch weiterhin gelingt, Menschen dazu zu bewegen, ihr Leben und ihr Umfeld im Sinne des biblischen Auftrags diakonisch zu gestalten, dann bewegt sich Kirche in die richtige Richtung. Dann ist der Mensch selbst der Weg der Kirche.
Text: Agnes Stefenelli
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