2166 Tonnen Lebensmittel, Medikamente, Kleidung allein in den Jahren 1956 bis 1958. Passau war das Zentrum der Hilfe für das ungarische Volk nach dem Aufstand. Hier begann die koordinierte Hilfe für die Caritas und die Kirchen in den Ländern des sogenannten "Ostblocks". Bis 1983 wurden für umgerechnet fast 25 Millionen Euro Spenden geliefert.
Die Menschen in Ungarn, Polen, Rumänien oder im früheren Jugoslawien, die Nachbarn im heutigen Tschechien konnten sich auf Hilfen verlassen. Denn die Freiheit bedeutete für viele erst einmal Not. Aber eben auch Freunde. Das ist bis heute so. Die anstehende Europawahl ist ein guter Anlass, sich diese eigene Geschichte vor Augen zu führen und von Partnern aus Budweis und Satu Mare zu erfahren, was Europa für sie bedeutet.
Bistum und Caritas Passau sind seit jeher in ein europäischen Netzwerk eingebunden; geschichtlich und der Lage an der Donau entsprechend, nach Mittel- und Osteuropa ausgerichtet. Erst seit den 1990er Jahren ist wieder richtig bewusst geworden, was es heißt, sich über offene Grenzen begegnen zu können. Wer möchte hinter den Aufbruch in Europa wirklich zurück? Dazu gehört auch der Blick in den Herbst 2015. Die Dreiflüsse-Stadt war ein Hotspot der Flüchtlinge auf der sogenannten "Balkanroute". Wieder ging es um Menschen auf der Flucht.
Die Geschichte lehrt: Solidarität muss die Grenzen überschreiten. So steht die Caritas Passau zusammen mit der ganzen Caritas-Gemeinschaft in Europa ein, um den sozialen Zusammenhalt Staatsgrenzen überschreitend zu fördern. Der Kampf gegen Armut und soziale Exklusion muss verstärkt werden. Ein starkes gemeinsames Europa braucht ein starkes Europäisches Parlament. Dafür bedarf es auch einer hohen Wahlbeteiligung.
Gilt es doch den sozialen Ungleichgewichten innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten entgegenzuwirken. Genauso den antieuropäischen Strömungen. Die Caritas Europa als starkes Netzwerk steht für eine Kultur des Miteinanders und der Barmherzigkeit.
Rumänien nimmt in diesem Jahr zum ersten Mal den Vorsitz des EU-Rates ein. Will das Land der Ratspräsidentschaft gerecht werden, muss es in den Bereichen der Sozialpolitik, Migration und humanitärer Hilfe, der Rechte hilfsbedürftiger Menschen Zeichen setzen. Das sind auch die Themen zur Europawahl in den 27 Mitgliedsstaaten.
Für Europa ist das Christentum unentbehrlich
Für Bischof Eugen Schönberger in Satu Mare ist Europa eine historische Chance und das Christentum unentbehrlich, weil es den Einzelnen als Geschöpf Gottes und die Gemeinschaften achte, grundlegende Werte vermittle. Der Respekt vor dem Individuum, weil er in der Diktatur fehlte, ist für ihn ein "Gradmesser für Europa".
"Ohne Glauben entleert sich das Herz Europas", bringt es Dr. Franz Hankovszky auf den Punkt. Einen Substanzverlust würde er sehen: kulturell, wie moralisch, auch in der Solidarität. Der Generalvikar von Satu Mare sieht die offenen Grenzen als Teil der inneren Einheit in Europa. Dazu gehört auch die parlamentarische Demokratie, die Freiheit der Entscheidung, die Freiheit der Meinung. Dort wo marxistische Elemente aufstreben, wo Ideologien auftauchen, regt sich bei ihm ein ungutes Gefühl. Ioan Laurențiu Roman, der Caritasdirektor, erlebt Europa als eine große Familie mit gemeinsamen Werten, Freuden aber auch Schwierigkeiten. Angesichts vieler negativer Nachrichten aus Rumänien blickt er auf die positiven Aufbrüche.
Europa ist gemeinsame Heimat
Caritasdirektor Jiří Kohout aus Budweis in Tschechien betont die Einheit. "Die Menschen nehmen die Grenzen nicht mehr wahr. Wir erleben Internationalität und Austausch". Die Geschichte zeige, dass dort, "wo wir Gemeinschaft erleben, eine Zeit des Friedens herrscht". Europa als gemeinsame Heimat gelte es aus dem Glauben zu gestalten, auch im Zusammenhalt der Caritas. Das heißt heute auch voneinander zu lernen. "Gerade angesichts der Flüchtlinge haben wir Deutschland und die Caritas als christliches Vorbild erlebt".
Da schließt sich der Kreis zu den großen Hilfstransporten von Passau aus. Gleichzeitig eröffnen sich Perspektiven. Es geht für Europa um eine ganzheitliche menschliche Entwicklung, um eine Gemeinschaft, die auf Basis des Christentums und der katholischen Soziallehre soziale Gerechtigkeit lebt. Dazu kann jede und jeder seine Stimme erheben und ganz konkret auch abgeben. Denn ein Christ kann nicht neutral gegenüber der EU sein.