Sicherlich haben Sie sich auch schon mal dabei ertappt, dass Sie nicht mehr wussten, wie Sie
die soeben zurückgelegte Wegstrecke gefahren sind, als Sie mit einem Fahrzeug unterwegs waren. Meistens passiert dies bei sehr vertrauten Wegen, die man ganz selbstverständlich ohne viel darüber nachzudenken fährt. In uns laufen dann routinemäßige Vorgänge im Körper ab. Wie von selbst.
Im heutigen Evangelium geht es um ein Gebet. Ein Gebet, das bei jedem Gottesdienst gebetet wird. Und ich bin mir sicher, dass Sie dieses Gebet kennen, egal wie regelmäßig Sie Gottesdienste besuchen. Es ist nicht ein Gebet, sondern DAS Gebet.
In der heutigen Bibelstelle sind die Jünger mit Jesus unterwegs. Ein Jünger bittet Jesus, Ihnen beten zu lehren. Jesus gibt Ihnen als Gebet das "Vater unser". Wir kennen und beten dieses Gebet noch heute - zumindest in den Gottesdiensten regelmäßig. Dieses Gebet können wir (fast) alle auswendig beten. Aber genau durch diese Vertrautheit, das "schon ewig kennen" dieses Gebetes birgt es die Gefahr, dass wir überhaupt nicht mehr darüber nachdenken, was wir da sprechen.
Ich bin kein Theologe und möchte hier gar nicht erst versuchen, das Gebet theologisch auszulegen. Ich möchte Ihre Gedanken auf einen kleinen Abschnitt des Gebetes legen: "Unser tägliches Brot gib uns heute". Worum bitten wir, wenn wir um das tägliche Brot bitten? Wir bitten um das, was wir heute zum Leben brauchen. Was brauchen wir tatsächlich zum Leben? Natürlich sind da zuerst mal die körperlichen Bedürfnisse zu nennen - Essen und Trinken. Bitten und danken wir Gott für diese Gaben oder ist dies für uns in unser Umgebung mit zig Supermärkten und Discountern selbstverständlich?
Aber wir Menschen brauchen viel mehr:
Das Lächeln und gute Zureden unserer Mitmenschen, das Angenommen-sein so wie wir sind, Die Unterstützung, wenn wir nicht mehr weiter wissen, die Hilfe bei Pflegebedürftigkeit und, und, und. Wir brauchen Nahrung. Aber wir brauchen auch Nächstenliebe - Caritas.
Gemäß dem Satz "Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun" sind wir als Christen bei der Umsetzung aufgefordert nicht nur auf Gott zu vertrauen, sondern Taten sprechen zu lassen. Jede und jeder Einzelne im täglichen Leben.
Das "Vater unser" ist kein Lippenbekenntnis, sondern die aufrichtige Bitte an Gott in meinem Leben einzugreifen und helfend da zu sein, in allen Höhen und Tiefen meines Alltags. Er hört mich wenn ich bete. Nur mit Gott sind keine Deals zu machen - Gott handelt manchmal anders, als wir meinen. Vielleicht gerade deshalb sollten wir Gott ganz bewusst um das tägliche Brot bitten.
Es wäre schön wenn ich Sie mit diesen paar Zeilen dazu bewegen konnte, das nächste Mal bewusst um das tägliche Brot zu bitten.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag!
Christian Schacherbauer
Gemeindecaritas in den Dekanaten Pocking und Vilshofen